Klimawandel und Landwirtschaft in Österreich

Risiken und Chancen für kleine Produzenten und Direktvermarkter

Die Landwirtschaft in Österreich steht vor tiefgreifenden Herausforderungen durch den Klimawandel. Insbesondere die kleinstrukturierte Landwirtschaft, die das ländliche Bild prägt und oft in Berg- und Randlagen betrieben wird, ist stark von Wetterextremen betroffen. Doch neben den Risiken gibt es auch Chancen, die innovative Landwirte und Direktvermarkter nutzen können. Besonders betroffen sind die Bundesländer Steiermark, Niederösterreich und das Burgenland, wo viele kleine Betriebe durch Direktvermarktung wirtschaftlich überleben. Gleichzeitig bieten neue Kulturen und alternative Anbauweisen eine Perspektive für die Zukunft.

Risiken des Klimawandels: Wetterextreme bedrohen Ernten und Existenzen

Die Folgen des Klimawandels sind in Österreich bereits spürbar. Laut dem Klimaforscher Dr. Helmut Haberl (Universität für Bodenkultur Wien) sind Temperaturanstiege von bis zu 2°C in den letzten Jahrzehnten messbar. Dies führt zu häufigeren und längeren Dürreperioden, vor allem in Ostösterreich. Besonders betroffen ist das Burgenland, wo extreme Hitzeperioden in den Sommermonaten die Bewässerungssysteme in der Landwirtschaft stark fordern. Viele kleine Winzer und Gemüsebauern kämpfen mit hohen Wasserpreisen und sinkenden Erträgen.

Ein eindrückliches Beispiel für die Auswirkungen des Klimawandels ist die Missernte der Steirischen Käferbohne im Jahr 2024, bei der es einen Ernteausfall von 80 % gab. Diese Krise hat die Dringlichkeit neuer Anpassungsstrategien verdeutlicht. Neben der Züchtung klimaresistenterer Sorten werden daher auch alternative Feldfrüchte erprobt. So gewinnen Erdmandeln und Spaghettibohnen an Bedeutung, da sie mit den veränderten Bedingungen besser zurechtkommen.

Auch Niederösterreich leidet unter langen Trockenperioden, insbesondere im Weinviertel und im Marchfeld. Hier sind kleinbäuerliche Betriebe mit Gemüse- und Getreideanbau durch die unregelmäßigen Niederschläge stark bedroht. Gleichzeitig haben Extremniederschläge in der Steiermark stark zugenommen, insbesondere in der südlichen Region um Leibnitz und Graz-Umgebung, wo Hangrutschungen und Erosion eine ernsthafte Gefahr für Obst- und Weinbau darstellen.

Klimafitte Landwirtschaft: Wie kleine Bauern und Direktvermarkter sich anpassen können

Trotz dieser Herausforderungen entwickeln viele bäuerliche Betriebe Strategien, um ihre Höfe klimaresilient zu machen. Da kleine und mittlere Landwirtschaften flexibler sind, können sie oft schneller auf neue Gegebenheiten reagieren und innovative Kulturen ausprobieren. In den Zonen mit pannonischem Klima im Osten Österreichs haben sich bereits neue Feldfrüchte etabliert: Kichererbsen, Sojabohnen, Reis im Trockenbau und Süßlupinen erweisen sich als hitze- und trockenresistent und ersetzen zunehmend herkömmliche Getreidearten.

Auch im Gemüseanbau werden Alternativen getestet: Süßkartoffeln, Topinambur und Yacon haben die Kartoffel als robustere Alternativen in vielen Betrieben ergänzt. Diese Kulturen sind nicht nur widerstandsfähiger gegenüber Hitze und Trockenheit, sondern finden auch wachsende Akzeptanz bei den Konsumenten. Okraschoten, die weniger Wasser benötigen als Paprika oder Pfefferoni, sowie Asiasalate, die heiße Temperaturen besser vertragen als Vogerlsalat, setzen sich zunehmend durch. Ähnlich verhält es sich mit Mangold, der Spinat in vielen Betrieben ersetzt, da er auch in Trockenzeiten ertragreich bleibt.

Ein weiteres Schlüsselthema ist der Obstbau, der in den letzten Jahren stark unter Extremwetterereignissen und Spätfrösten gelitten hat. Besonders in der Steiermark, bekannt als „Apfelland“, haben viele Betriebe auf Holunder umgestellt, wodurch Österreich inzwischen der weltweit größte Produzent von Edelholunder ist. Zusätzlich werden Wildobstsorten wie Sanddorn, Schlehen und Kornelkirschen kultiviert, um den Tafelobstmarkt zu diversifizieren.

Chancen durch den Klimawandel: Neue Möglichkeiten für kleine Betriebe

Während viele klassische Kulturen Schwierigkeiten haben, bietet der Klimawandel kleinen Betrieben und Direktvermarktern auch Chancen, sich mit neuen Produkten am Markt zu positionieren.

Ein Bereich mit großem Potenzial ist der Obstbau: Exotischere Früchte wie Indianerbananen, Gojibeeren, Kakis, Quitten und Physalis werden bereits erfolgreich in Österreich kultiviert. Ebenso bringen erste Versuche mit Kurkuma, Safran, Ingwer, Erdnüssen, Pistazien und Oliven in kleinen Betrieben bereits erste Erträge. Auch Mandeln, Feigen, Kiwi und Melonen aus österreichischem Anbau sind keine Seltenheit mehr und finden ihren Weg in Hofläden und Direktvermarktungs-Plattformen.

Auch im Bereich des Getreideanbaus gibt es innovative Ansätze: Kichererbsen und Süßlupinen, die ursprünglich in südlicheren Regionen heimisch waren, werden zunehmend auch in Österreich erfolgreich angebaut. Besonders für Direktvermarkter bieten sich hier Möglichkeiten, da sich aus diesen Rohstoffen vielfältige Produkte wie Linsenmehle, pflanzliche Milchalternativen oder hochwertige Proteinsnacks herstellen lassen.

Zukunftsperspektiven: Wie sieht die kleinbäuerliche Landwirtschaft von morgen aus?

Die kleinstrukturierte Landwirtschaft in Österreich steht vor großen Herausforderungen, aber auch vor wichtigen Entwicklungschancen. Experten wie Dr. Andreas Gattinger (Universität für Bodenkultur Wien) betonen, dass die Anpassung an den Klimawandel vor allem durch eine Kombination aus traditionellem Wissen und modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen gelingen kann.

In Niederösterreich werden neue Bewässerungsprojekte gefördert, die auf smarte Bewässerungssysteme setzen. In der Steiermark könnten Mischkulturen eine größere Rolle spielen, um Risiken durch Extremwetter zu minimieren. Im Burgenland ist die Umstellung auf hitzeresistentere Kulturen bereits im Gange. Für Direktvermarkter wird es immer wichtiger, sich auf regionale Märkte zu konzentrieren und ihr Angebot an die veränderten klimatischen Bedingungen anzupassen.

Zukunftsfähige Landwirtschaft wird auch davon abhängen, ob politische Maßnahmen eine nachhaltige Bewirtschaftung aktiv fördern. Subventionen für klimaresistente Anbaumethoden, wie sie in der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU vorgesehen sind, könnten eine wichtige Rolle spielen. Kleinbetriebe, die verstärkt auf Direktvermarktung setzen, haben die Chance, sich durch regionale und nachhaltige Produkte am Markt zu behaupten.

 

Quellen:

  • Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG): Klimawandel in Österreich, Bericht 2023
  • Universität für Bodenkultur Wien (BOKU): Forschung zu klimafesten Anbaumethoden, diverse Publikationen
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